• Laufen die Business Traveller zu Airbnb über?

    Als die Finanzkrise über die Welt hereinbrach, gingen sie an den Start – die Initiatoren der Internet-Plattform Airbnb. Vor ein paar Wochen meldeten die Senkrechtstarter aus Kalifornien das Erreichen eines weiteren Meilensteins: Mehr als hundert

    Millionen Übernachtungen hat Airbnb seit der Gründung vermittelt. Das sei „eine Größenordnung, bei der man definitiv von einer neuen Art des Reisens sprechen kann“, kommentierte Mitgründer Nathan Blecharczyk und fügte hinzu: „Wir demokratisieren

    den Tourismus.“ Im Geschäft mit Firmen, dem Business Travel, tun sich die Sharing-Economy-Profis aus Übersee allerdings noch immer vergleichsweise schwer. Mit seiner lässigen, smarten Art kann das Unternehmen vor allem Privatreisende rund um den Globus begeistern, viele Geschäftsreisende aber noch nicht so recht überzeugen. Was weniger an den Unterkünften selber liegt, sondern eher an Fragen, bei denen es zum Beispiel um das Thema Sicherheit geht. Die Vorbehalte bei Firmen sind

    nicht von der Hand zu weisen, dort setzen die Travel Manager in aller Regel weiter auf herkömmliche Hotelunterkünfte. Doch das könnte sich schon bald ändern. „Wenn Sharing-Economy-Plattformen gute Lösungen für Sicherheits- und versicherungsrechtliche Fragen entwickeln, dürfte sich die bisherige Zurückhaltung in deutschen Unternehmen reduzieren“, heißt es in der VDR-Geschäftsreiseanalyse 2016 vom Verband Deutsches Reisemanagement e.V., der die Interessen von

    rund 550 Mitgliedsunternehmen mit einem Gesamtumsatz im Geschäftsreisebereich in Höhe von jährlich mehr als zehn Milliarden Euro vertritt. Denn diese Punkte seien für gut die Hälfte der Hauptgrund dafür, ein Sharing-Economy-Angebot für ihre Geschäftsreisenden abzulehnen. Wer weiß, wie zielstrebig und professionell Unternehmen wie Airbnb daran arbeiten, Hürden aus dem Weg zu räumen, der kann sich ausmalen, dass es nur eine Frage der Zeit sein dürfte, bis die vom VDR angesprochenen

    „guten Lösungen für Sicherheits- und versicherungsrechtliche Fragen“ entwickelt sind. Schnappen die Sharing-Economy-Anbieter den Hoteliers in Zukunft also nicht nur jede Menge Leisure- Gäste weg, sondern im großen Stil schon bald auch Business Traveller? Streifen die Firmen ihre Scheu vor den unkonventionellen Unterkünften ab, wenn Angebote professionalisiert und auf die Bedürfnisse der Geschäftsreisenden getrimmt sind? Business-Travel-Kenner bleiben skeptisch. „Wir spüren Nachfrage von unseren US-Kunden, aber es ist fraglich, ob sich das auf dem deutschen Businessto-Business-Markt durchsetzen wird“, sagt Florian Storp im Gespräch mit Cost & Logis. Der Deutschland- Chef von American Express Global Business Travel (GBT): „Ich bin vorsichtig in meiner Einschätzung, ob deutsche Geschäftsreisende das wirklich annehmen werden.“ Gleichzeitig weiß er: „Das könnte natürlich ein interessanter Wachstumsmarkt sein.“ Es werde sich zeigen, welche Firmen es ihren Reisenden erlauben, die Sharing-Unterkünfte zu nutzen und das auch abzurechnen. Storp: „Wer sich seine Reisekosten erstatten lassen will, der muss sich an Regeln halten. Und da kann es sein, dass die eine oder andere Reiserichtlinie eine via Airbnb vermittelte Unterkunft genau

    wie eine Uber-Fahrt nicht erlaubt. Das sehe ich auch noch bei den meisten unserer Kunden.“ Airbnb werde mit den Travel Managern der Firmen ins Gespräch kommen, Vorteile aufzeigen und ungeklärte Fragen plausibel beantworten müssen. Was die Plattform im Business Travel vorhat, das wollte Cost & Logis von dem Unternehmen direkt wissen und hat einige Fragen an Arnaldo Munoz gerichtet, der die Internationalisierung des Geschäftsreisebereichs von Airbnb verantwortet. Seine Antworten veröffentlichen wir auf den folgenden Seiten.

    „Hotels bleiben das Top-Thema“

    Seit fünf Monaten führt Florian Storp Regie für American Express Global Business Travel (GBT) in Deutschland. Welche Bedeutung der ehemalige Egencia-Chef dem Business mit der Hotellerie beimisst, wie er den Wettbewerb beurteilt und die Entwicklung auf dem deutschen Geschäftsreisemarkt einstuft, darüber hat sich Cost & Logis mit ihm unterhalten.

    Herr Storp, sie lenken seit einigen Monaten die Geschicke von American Express Global Business Travel (GBT) in Deutschland. Welche strategische Bedeutung hat das Geschäft mit den Hotels?

    Eine enorme Bedeutung. Wenn in der Branche über das Thema Reisen gesprochen wird, dann geht es traditionell immer erstmal um das Segment Flug. Das gilt auch für die Reiseausgaben. Dabei hat der Bereich Hotel ein mindestens ebenso großes Volumen. Emotional gesehen ist die Unterkunft sogar das bedeutendere Produkt. Das wird oft vergessen. Für uns als Travel Management Company (TMC) ist es die größte Herausforderung, die Ausgaben im Segment Hotel unter Kontrolle zu bekommen, also dafür zu sorgen, dass die Firmen ihre Reisenden dazu anleiten, alle Hotelausgaben über einen Anbieter und im Rahmen der Reiserichtlinien zu buchen. Das verschafft überhaupt erst einen Überblick über die im Zuge von Hotelübernachtungen anfallenden Kosten. Viele Travel Manager wissen gar nicht, dass die Reisekosten für die Unterkunft oft deutlich größer sind als für das Fliegen. Von A nach B – das ist ein Flug. Dazwischen liegen aber häufig mehrere Übernachtungen. Dazu kommt der Aspekt Sicherheit: Wir brauchen Transparenz, mehr verlässliche Informationen darüber, welcher Reisende wo welches Hotel bucht. Keine Frage: Hotels bleiben auch in den kommenden Jahren das Top-Thema und sind derzeit der größte Kostenblock, der noch unmanaged ist.

    Wie sieht Ihre Zielsetzung aus?

    Wir dürfen den Reisenden der Unternehmen keinen Grund mehr liefern, nicht über American Express GBT zu buchen, wollen möglichst vollständigen Content zu attraktiven Preisen liefern und die Buchbarkeit so benutzerfreundlich gestalten, wie wir es von den großen Plattformen aus dem Consumer-Geschäft kennen.

    Mit wie vielen Unternehmen aus Deutschland arbeitet Amex GBT zusammen?

    Als börsennotiertes Unternehmen dürfen wir dazu keine konkreten Angaben machen. So viel kann ich Ihnen allerdings verraten: Es sind mehrere hundert Firmen.

    Die großen Hotelbuchungs-plattformen besetzen auch das Thema Business Travel immer stärker für sich. Was bedeutet das für Amex GBT?

    Wir arbeiten daran, den Geschäftsreisenden einen perfekten One-Stop-Shop anzubieten. Bei uns bekommen Traveller alles aus einer Hand – Flug, Hotel, Mietwagen, Bahnreise, Services. Ein Kontakt, alle Produkte – ob telefonisch oder über Online-Buchungs-Tools. Das zahlt sich nicht zuletzt dann aus, wenn sich Reisedaten ändern, was bei Geschäftsreisenden nicht selten ist. Wir helfen, eine Menge Zeit und Geld zu sparen. Das müssen wir noch besser kommunizieren. Dann habe ich keinen Zweifel daran, dass wir auch gegen prominente Konkurrenz bestehen können.

    Der Geschäftsreisemarkt Deutschland – das ergab die aktuelle Analyse vom Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) war zuletzt auf Rekordniveau. Niemals zuvor wurde so viel Geld für Business Travel ausgegeben wie 2015. Wie schätzen sie die weitere Entwicklung ein?

    Die grundsätzliche Stimmung ist positiv. Mit gewissen politischen und gesellschaftlichen Unwägbarkeiten, die sich zuletzt gehäuft haben, müssen wir leben. Ihre Folgen lassen sich nicht verlässlich abschätzen. Ich persönlich bin bei aller Unruhe, die dadurch aufkommt, zuversichtlich. Zumal sich die Firmen zuletzt auch von Ereignissen wie dem Brexit nicht haben aus der Balance bringen lassen. Klar ist doch: Wir alle müssen mobil, vernetzt und international bleiben, um auch in Zukunft gutes Geschäfte machen und Gewinne erwirtschaften zu können.

    Text: Jens Riemann von Cost & Logis

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